Dem Baustil der Romantik mit seinen trotzig lastenden Kirchenschiffen entsprach in der Musik das
schwer einherschreitende Organum. Dann kam die Gotik mit ihrer Vertikaltendenz und „gotischen
Beweglichkeit". In dieser Zeit, wo man das chorische Singen immer mehr pflegte, also im 14. und
15. Jahrhundert, fügte man einer schon vorhandenen Melodie, die man „cantus firmus" nannte,
eine gegensätzlich gestaltete, oft höher gelegene Stimme hinzu, der ein eigener Text zugrunde
lag. Diese zur Melodiestimme kontrapunktierende Stimme (Kontrapunkt = Gegenstimme) wurde
„Motetus" (möglicherweise von MOT = franz.: Bibelwort) genannt. Aus „Motetus" wurde dann
später „Motette".